Eine Hochzeit zu planen macht im Jahr 2020 keinen Spaß. Jede Chance auf Vorfreude wird verdrängt durch plagende Ungewissheit, während Plan A geht schnell mal zu Plan B wechselt und dann noch mal weiter zu Plan C.
Am Abend unseres Kennenlernens erleben wir eine Braut, die wenig enthusiastisch von der anstehenden Hochzeit spricht. Sie wirkt ernüchtert und enttäuscht, die typische große Aufregung bleibt weg. Der Bräutigam lächelt sie lieb an, aber das hilft nicht. Auch er ist enttäuscht. Es wundert uns kaum noch, nachdem wir erfahren haben, dass der ursprüngliche Plan eine große Hochzeit am Strand von Florida vorsah und diese inzwischen auf eine standesamtliche Trauung im Kölner Rathaus mit nur 10 Gästen und einer Mini-Feier im Wohnzimmer zusammengestutzt war.
Lange, nachdem Katja und Carsten wieder weg waren, saßen wir noch betroffen zusammen und fassten schließlich den inbrünstigen Entschluss : "Wir müssen alles geben, damit diese Frau wieder glücklich wird".
Aber was genau können wir "geben", wenn man nur der Fotograf ist? Keine Frage, dass wir mehr als hellwach antreten werden. Nur worum geht es eigentlich?
...Manchmal stellen wir uns ein bestimmtes Szenario vor, von dem wir uns versprechen, dass es uns ein besonderes Gefühl schenkt. Gerade bei Hochzeiten ist der Wunsch nach einem Tag voller Glück und Verliebtheit groß. Die Paare geben Gas, um die Kulisse so romantisch wie möglich zu gestalten, damit das Glück gar nicht anders kann als hinzuzukommen. Leider steigt dadurch nicht zuletzt aber der Erwartungsdruck. Und je aufwändiger die Kulisse und die Vorbereitungen ausfallen, desto höher steigt auch der Stresspegel, dass nur ja alles rund laufen möge. Eben dieser Stress ist der Feind der verliebten Leichtigkeit. Glück-versprechender ist also eigentlich die erwartungsfreie Haltung, denn dann ist - im wahrsten Sinne des Wortes - alles offen.
In diesem Fall hat ein Virus die Notwendigkeit einer solchen Haltung schlichtweg erzwungen.
Als wir also morgens zur gestutzten Hochzeit aufbrechen, halten wir uns genau diese Erkenntnis im Hinterkopf, um unseren Beitrag zur allgemeinen Leichtigkeit leisten zu können..., sind es doch gerade die spontanen, heiteren Erlebnisse, die uns die wirklich schönen Gefühle schenken. Das Shooting gestaltet sich als ein lustig-beschwingter Spaziergang durch Köln, mit lachender Sonne am Himmel und lachendem Brautpaar am Boden. Es wird viel mehr gelacht, als gedacht und wo Lachen ist, da ist die Liebe nicht weit. Es wird also geliebt und geknutscht und anschließend beseelt "Ja!" gesagt. klick - klick... juhu.
Das Wohnzimmer bleibt zwar Wohnzimmer, bringt jedoch zum einen eine Überraschung hervor, denn die Töchter haben heimlich ein grandioses Buffet zusammengestellt. Zum anderen kann die Phase der Akklimatisierung wegfallen, so dass sofort ein intimes Miteinander möglich ist.
Und so wird aus einer potentiell stressanfälligen Barfuß-Traumhochzeit in Florida eine unkompliziert-intensive Feier auf Strümpfen in Köln. Man wird nie wissen, wie es in Florida gelaufen wäre. Ob die Vorstellungen sich mit der Realität vertragen hätten. Alles ist denkbar. Doch im Nachhinein betrachtet hätte es auch nichts geändert am Wesentlichen.
Das Wesentliche nämlich, sich offiziell zu seinem geliebten Lieblingsmenschen zu bekennen und dabei zu spüren, wie das innerste Innere ebenfalls ja sagt, das geht auch ohne Traumkulisse. Es geht überall. Selbst im eigenen Wohnzimmer.
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