Um Gottes Willen, was soll nur diese Business-Pose mit den verschränkten Armen, dem durchgedrückten Rücken und dem provozierend überheblichen Blick von zu weit oben oder zu weit unten?
Es kam in den 90er Jahren auf, als eines Tages Portraits der „Großen und Mächtigen“ in eben jener Pose auf den Titelseiten des „Manager Magazins“ erschienen. Man fand es bezwingend - es
visualisierte perfekt den Chef/Macht-Begriff der damaligen Zeit.
Doch schon fingen alle an, diese Pose zu kopieren. Man wollte sich auch mächtig und einflussreich geben, als Zeichen der Kompetenz und Bedeutung. Die Fotografen weltweit griffen die Körpersprache
auf um ihrerseits ihre Kompetenz zu demonstrieren, indem sie ihre Kunden machthaberisch abzulichten verstehen. Inzwischen sieht man auf jedem noch so belanglosen Gruppenfoto Männer und Frauen mit
verschränkten Armen - mal frontal, mal seitlich, mit kompetentem Blick und nicht immer gut sitzenden Klamotten. Die Pose hat sich verselbständigt.
Was diese (Körper-)Haltung jedoch in Wahrheit ausdrückt, ist:
„Mir kann keiner was - ich bin der Höchste in der Hierarchie - ich bin Chef!“
Dieser Ansatz ist jedoch mehr als nicht mehr zeitgemäß.
- Denn erstens geht der Trend zur flachen Hierarchie.
- Zweitens heißt verschränkt auch beschränkt.
- Und drittens ist das ein männliches Machtgehabe, das eher nicht zu einer Frau passt (sofern sie nicht versucht, der bessere Mann zu sein). Frauen sollten jedoch inzwischen in den entscheidungsfindenden Etagen ebenfalls gemeinschaftlich das Mit-Sagen haben, es sei denn, man will eine Richtung nur einseitig beleuchten und sich damit entsprechend rückständig geben.
Etwas ganz anderes dagegen ist das entspannte Armeverschränken. Es spricht eine andere Sprache. Es ist eine entlastende Haltung, in der man seine Arme lediglich „ablegt“, um dem Stand mehr Stabilität zu verleihen. Der Unterschied zur Machtpose ist die gleichzeitig entspannte Körperhaltung. Die Nase zeigt nicht nach oben, ein Standbein ist entlastet, die Schultern fallen rund nach vorne, der Rücken ist auf natürliche Weise gerade.
Warum bevorzuge ich in jedem Fall die natürliche Haltung gegenüber der inszenierten "professionellen" Businesspose? Weil es ebenfalls veraltet ist, dem Business-Menschen die Verantwortung aus dem Wortbestandteil "Menschen" zu nehmen. Business und Mensch gehören nicht getrennt. Menschlichkeit ist die alleroberste wichtigste Komponente, um faires, kluges, weitsichtiges und damit erfolgreiches Business zu machen. Alles andere ist nur vorübergehender Knalleffekt.
Um zu wissen, mit wem ich eine vertrauenswürdige Geschäftsbeziehung eingehe, brauche ich einen ehrlichen Eindruck von diesem Menschen. Ein sich hinter einer dressierten Pose versteckender Mensch vermittelt sicherlich keine Offenheit, die für Vertrauensbildung notwendig ist. Deshalb ist es dringend erforderlich, die rückständige Foto-Mode der verschränkten Undurchschaubarkeit von der Bedeutung "professionell" zu lösen.
Wenn ich in der Businessfotografie gezwungen werde, Menschen mit verschränkten Armen abzubilden, achte ich auf die natürliche
Körperhaltung. In jedem anderen Fall versuche ich, die Pose auszureden.
...was im übrigen auch der Grund ist, warum ich an dieser Stelle aber wirklich so gar kein echtes Manager-Magazin-Foto zur Veranschaulichung habe.
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Susanne (Mittwoch, 17 Februar 2021 20:44)
Hey Sandra, danke, dass du dieses Thema so gut beleuchtet hast . So detailliert habe ich mir keine Gedanken darüber gemacht als ich von einer Fotografin aufgefordert wurde die Arme zu verschränkt um selbstbewußt zu wirken. Ich habe dann auch eine andere Pose ausgewählt in der ich mich wohler gefühlt habe. Das nächste mal komme ich direkt zu dir! Es gibt sowieso bessere Fotos, wenn man sich richtig gesehen fühlt.